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Die Zeiträuberjagd – Teil 1: Das Smartphone

Digitalisierung auf mehreren Endgeräten

Esssucht. Alkoholsucht. Spielsucht. Handysucht. Sexsucht. Kaufsucht. Sportsucht. Die Liste ist lang wie endlos. Nahezu zu jedem Reiz kann man eine Abhängigkeit entwickeln. Aber was ist der Grund dafür? Wieso befinden wir uns oft in einer Spirale aus kurzfristiger Befriedigung und anschließender Verarmung?

Dopamin – Glückshormon in der richtigen Dosierung

Alle Süchte haben eines gemein: sie alle triggern den Neurotransmitter Dopamin. Dopamin ist eine neurochemische Verbindung, die im Gehirn an Rezeptoren andockt und bestimmte Gefühle und Verhaltensweisen steuert. Landläufig wird Dopamin oft als „Glückshormon“ gekennzeichnet, weil es unter anderem mit positiven Gefühlen und dem „Flow“ in Verbindung steht. Unser heutiger, oftmals hektischer Lebensstil triggert Dopamin jedoch zu stark und zu häufig, so dass immer höhere Dosen bzw. Reize vonnöten sind, um das selbe ekstatische Gefühl zu erzeugen. Leidet der Alltag, die Beziehung oder die Arbeit darunter, sprechen Therapeuten von einer Suchterkrankung.

Das Smartphone als Zeiträuber

Diese schwere Form soll nicht Inhalt dieses Artikels sein. Ein „Zeiträuber“, welcher so gut wie jeder in Gebrauch hat, sorgt bei einer verstärkten Nutzung und auf Dauer für eine „Dopaminverarmung“. Die Rede ist vom Smartphone.

Jeder kennt es: Das Handy vibriert. „Oh, das muss etwas Wichtiges sein! Ach doch nicht. Nur ein Update einer App. Aber Moment! Was ist denn das noch? Eine weitere Benachrichtigung. Oh und noch eine und…“

Der Vorteil des Smartphones ist es, zu jeder Zeit und überall informiert zu sein. Der Nachteil des Smartphones ist es, zu jeder Zeit und überall informiert zu sein.

Was zugleich von vielen als Segen gepriesen wird, sorgt für eine starke Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit. Öffnen wir das Smartphonemenü und beginnen zu lesen oder mit anderen zu kommunizieren, braucht es jedes Mal im Schnitt 15 min. bis wir uns wieder auf unsere vorhergehende Aufgabe konzentrieren können. Es gibt das Phänomen, dass Menschen meinen ihr Handy würde vibrieren, dabei ist es nur die Erwartung des Gehirns, die sagt: „Es müsste doch mal wieder jemand etwas von mir wollen.“

Das Handy zerstört Aufmerksamkeit und Fokus

Eine weitere Schwierigkeit: Die eigentliche, vielleicht sinnvolle Idee, das Handy zur Lösung eines Problems zu nutzen wird vermengt mit dem reinen Konsumieren von vorgeschlagenen Inhalten. Das zerstört Zielstrebigkeit und Fokus.

Ist das Handy also grundsätzlich schlecht? Das muss jeder selber für sich entscheiden. Es lohnt sich aber, darüber nachzudenken, ob es nötig ist, gleichzeitig auf 4 Plattformen parallel eingeloggt zu sein, per SMS, Messenger UND Telefonfunktion erreichbar zu sein und ständig darauf zu warten, erreicht zu werden.

Wie immer gilt: Nur was ich messe, kann ich verbessern!

Eine einfache Möglichkeit herauszufinden wie viel Zeit Sie wirklich mit Ihrem Handy verbringen bietet die App „Menthal“. Sie wurde von der Uni Bonn entwickelt und misst anonymisiert die Nutzungsdauer und -art ihres Smartphones. Das oft überraschende Ergebnis: Der Tag der eigentlich 24 Stunden hat, hat, abzüglich der Handyzeit, plötzlich nur noch 20-22 Stunden. Ist bei Ihnen anders? Sehr gut! Eine Überprüfung schadet dennoch nicht.

Link zur App:

https://play.google.com/store/apps/details?id=open.menthal&hl=de

Sie stellen entgegen Ihrer Erwartung fest, dass Ihr Handy Ihnen doch mehr Zeit raubt als Sie dachten. Probieren Sie es mit diesen 3 Tipps und „verlängern“ Sie Ihren persönlichen Tag!

3 Tipps zu mehr „Freiheit vom Smartphone“

  1. Bündeln Sie die Kommunikationskanäle auf einem Medium, welches sparsamer mit wild aufploppenden Nachrichten ausgestattet ist. Nehmen Sie sich Zeit für die Aufgaben und arbeiten Sie in Zeitblöcken ohne Ablenkung. Konzentrieren Sie sich stets auf eine Angelegenheit: Schreiben Sie eine Nachricht und widmen Sie sich danach dem nächsten Thema.
  2. Planen Sie mehrmals am Tag eine handyfreie Zeit ein. Das verbessert Ihren Fokus und steigert Ihre Kreativität. Vorzugsweise lohnt sich dies zu den Mahlzeiten. Das Essen schmeckt plötzlich viel intensiver und Sie bekommen ein besseres Gefühl für die Menge, die Sie bereits verzehrt haben.
  3. Vermeiden Sie als erste und letzte Handlung des Tages das Handy zu nutzen. Sie haben so mehr Zeit für ein Frühstück und stören am Abend nicht ihre Entspannungsphase und damit ihren Schlaf.

Zusatz: Sie nutzen Ihr Handy als Wecker, deswegen muss es griffbereit am Bett liegen? Einfacher Tipp: Kaufen Sie sich einen Wecker oder, wenn Sie diesem nicht vertrauen, legen Sie das Handy zumindest so weit entfernt wie möglich vom Bett. Das Handy strahlt selbst im Flugmodus. Die Strahlung ist mit Sicherheit nicht gesundheitsfördernd. Sie werden den positive Einfluss auf Ihre Schlafqualität schnell verspüren.

Fazit: Die Menge macht das Gift

Jeder darf sein Mobiltelefon nutzen wann und wie er möchte. Es bietet unzweifelhaft Vorteile. Wie mit allen Dingen macht aber auch hier die Dosis das Gift und so kann die Handynutzung unbemerkt größere Ausmaße annehmen. Eines steht fest: Das Smartphone hat definitiv keinen positiven Einfluss auf Konzentrationsfähigkeit, Fokus oder Zeitmanagement. Sind Ihnen diese Dinge wichtig, messen Sie doch einmal die Zeit, die Sie mit Ihrem Handy verbringen und verbannen Sie den Zeiträuber gegebenenfalls aus der ständigen Verfügbarkeit.  Sie werden überrascht sein, wie viel mehr Zeit Sie plötzlich haben!