Veröffentlicht am

Zeigen Sie ein bisschen mehr Haltung! – Teil 1

Lesendes Kind

Es gibt eine Geschichte von der Hummel, die geht so: Die Hummel ist ein recht dickes und wenig windschnittiges Tier. Böse Zungen behaupten, sie dürfte, physikalisch gesehen, gar nicht fliegen können. Da sie das nicht weiß tut sie es aber einfach doch. Komischer Einstieg? Ok – hier die Überleitung:

Wenn man Babys bei der Kniebeuge anschaut, fällt auf, dass diese ohne darüber nachzudenken oder eine Technikschulung zu bekommen, in eine saubere tiefe Hocke gelangen und daraus auch wieder aufstehen können, ohne, dass sie zuerst mit der Hüfte nach oben schießen oder die Knie kollabieren. Beim Baby kommen dabei mehrere Faktoren zusammen: Sie haben im Verhältnis zum Torso kurze Beine, weiches Bindegewebe und vor allem hat sich ihr Körper noch nicht durch jahrelanges Sitzen und Bewegungsmangel verändert.

Grundschule ist gleich Ende der „bewegten Zeiten“

Ab ca. 5-6 Jahren beginnt unsere Gesellschaft, uns in sitzende Positionen zu zwingen. Den einen mehr den anderen weniger. Die Schulzeit ist eine vorwiegend sitzende Zeit. Wenn man von den oft zu bewegungsarmen Sportstunden absieht (Im Übrigen: ein Verhältnis von 27 „sitzenden Unterrichtseinheiten“ zu 3 „bewegten“ in der 5. Klasse, ist mit Sicherheit nicht natürlich und kindgerecht²) müssen die Eltern Sorge tragen, dass ihre Kinder sich in der Freizeit bewegen. Bei einer immer mehr zunehmenden zeitlichen Belastung durch Hausaufgaben und andere Verpflichtungen bleibt die Bewegung für viele Kinder auf der Strecke. Neben Themen wie Übergewicht, Diabetes und anderen Effekten die ein solcher Lebensstil mit sich bringt und die in einem zukünftigen Artikel diskutiert werden sollen, verändert sich der Körper auch auf anderer Ebene.

Gebrauchen Sie ihn oder der Körper baut ab!

Der Körper passt sich an die vorwiegend sitzende Körperhaltung an und bestimmte Muskelgruppen erhalten eine neue „Normlänge“. So verkürzen vor allem die beugenden Muskelgruppen, wie Hüft- Schulter- und Armbeuger, da sie mehrheitlich in dieser Länge gebraucht werden. Alles was darüber hinausgeht, „verlernt“ der Körper getreu dem Prinzip „Use it or lose it“. Muskeln, die dem entgegenhalten könnten schwächen entweder ab, weil man stundenlang darauf sitzt (Gesäß) oder müssen die Fehlhaltungen kompensieren, was diese meist kleinen Muskeln „überfordert“ und sie verspannen lässt (Nacken, oberer Rücken). Diese degenerativen Entwicklungen können nur durch eines aufgehalten werden: BEWEGUNG!

Jede Form der Bewegung ist zu Anfang grundsätzlich gut!

Je natürlicher eine Bewegung aber ist, desto besser werden Sie sich bei ihrer Ausführung fühlen. Erste Voraussetzung dafür ist schon einmal, dass die Bewegung im Optimalfall auf zwei Beinen stattfindet. Lösen Sie sich von geführten Bewegungen an Geräten! Sie haben Ihre Berechtigung bei gewissen Zielstellungen, sind aber, wenn es um natürliche Körperbewegung geht, nicht die richtige Wahl. Die uns innewohnenden Bewegungsmuster sind das Gehen, das Rennen, das Springen, das Werfen und das Schlagen. Alle diese Bewegungsmuster benötigen das Zusammenspiel von Muskeln und Bindegewebe in Form von Schlingen. Und diese Schlingen wollen aktiviert werden!

Balance aus Anspannung und Entspannung – wie immer!

Um Ihnen einen besseren Eindruck zu vermitteln, werde ich im zweiten Teil der Artikelreihe in wenigen Tagen an einem konkreten Bewegungsbeispiel zeigen, wie diese Muskel – und Bindegewebsschlingen dynamische und kraftvolle Bewegungen ermöglichen. Im dritten Teil zeige ich Ihnen zwei Selbstentspannungstechniken, mit welchen Sie einfach und mit durchschlagendem Erfolg, „überaktive“ Muskeln gezielt herunterfahren und so das Wohlbefinden und die Beweglichkeit direkt erhöhen können. Bleiben Sie gespannt und bis dahin – BEWEGEN!

 

² https://www.siebold-gymnasium.de/wordpress/wp-content/uploads/2010/03/stundentafel-bay-gym.pdf